zum Inhalt springen
vergrößern:
© a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne / Foto: Patric Fouad

Thomas Kuchlbauer
Petrons Satyrica im Theater und Musiktheater. Antikenrezeption zwischen Nischenkunst und vorherrschender Theaterkultur (Arbeitstitel)

Das theaterwissenschaftliche Dissertationsvorhaben untersucht die Theater- und Musiktheaterrezeption des lateinischen Romans Satyrica. Dieser wurde vermutlich im 1. Jahrhundert n. Chr. unter Kaiser Nero vom Höfling Titus Petronius Arbiter verfasst und schildert die Abenteuer und Frivolitäten des jungen Enkolp. Die (musik-)theatrale Rezeption der Satyrica konzentriert sich vor allem auf die Cena Trimalchionis und auf die Novelle Die Witwe von Ephesus, implizit eine karnevalistische Verkehrung des christlichen Ostergeschehens. Die erste Rezeptionswelle im 17. und 18. Jahrhundert umfasst das englische Theater (S. Marmion: Holland’s Leaguer, 1631, London), das barocke Liebhabertheater (Trimalcion Moderne, 1702, Hannover, u. a. von G. W. Leibniz), diverse französische und englische Populärtheaterformen (C. Dibdin: The Ephesian Matron, 1769, Sadler’s Wells/London) und das deutsche Lustspiel (G. E. Lessing: Die Matrone von Ephesus, ca. 1740er-1760er, fragmentarisch). Die zweite Rezeptionswelle fällt in das 20. Jahrhundert. Theaterschaffende bearbeiten die Satyrica hier vor allem im Kontext der (musik-)theatralen Experimente der Zwischen- und Nachkriegszeit, des Zeittheaters und der Wiederbelebung mittelalterlich-volkstümlicher Spielformen (B. Brecht: Sommersinfonie, ca. 1917-1920, fragmentarisch; B. Maderna: Satyricon, UA 1973).

Ziel des Dissertationsprojekts ist es, diese Bearbeitungen historisch-vergleichend zu erschließen. Insbesondere soll nachgezeichnet werden, wie aufgrund der frivolen, unkonventionellen und nur bruchstückhaft überlieferten Vorlage eine Rezeption entsteht, die von der jeweils vorherrschenden (Musik-)Theaterästhetik und von dominierenden Antikenbildern abweicht, sich jedoch parodistisch darauf bezieht und mit künstlerischer Innovation einhergeht. Im Rekurs auf Erich Auerbachs und Michail M. Bachtins literaturtheoretische Ansätze zu Petron sollen die Satyrica und ihre Rezeption als „anderes Theater“ (Rudolf Münz), d. h. als Gegenmodell zum (musikalischen) Kunsttheater und Theater der Alltagswirklichkeit diskutiert werden. Einbezogen wird zudem die altphilologische Forschungsdiskussion über die Nähe der Satyrica zur römischen Theater- und Spektakelkultur. Allgemein will die Dissertation so die Prävalenz des griechischen Theaters und dessen Einfluss auf das neuzeitliche Theater hinterfragen und bislang wenig beachtete Bereiche der (Musik-)Theatergeschichte jenseits der kanonischen Formen in den Blick rücken.

 

Kontakt: thomas-kuchlbauer[at]gmx.de
Mehr Informationen und aktuelle Projekte von Thomas Kuchlbauer finden Sie hier und hier.

 

vergrößern:
Foto: Christina Vollmert

Esther Pramschiefer
Regieanweisungen in der Frühen Neuzeit (Arbeitstitel)

Im Fokus meiner Arbeit stehen Regieanweisungen, die als Marker für das Spannungsfeld zwischen Performativität und szenischem Narrativ und damit als konstitutive und sinnstiftende Einheit im Denken über Theater fungieren. Die Frühe Neuzeit erscheint als Zeitraum der Literarisierung des Dramas und als Formierungsphase zwischen Literatur, Druckökonomie und Theater, insofern sich in dieser Zeit erstens das Drama als (Buch-)Text etabliert, es zweitens eine entscheidende, nämlich die schriftliche, Dimension hinzugewinnt und sich drittens damit ganz neue Möglichkeiten der Verbreitung und der Einflussnahme von Theatermachern auf nachfolgende Aufführungen ergeben. Meine Dissertation nimmt drei Zeiträume in den Blick: 1430 bis 1700 für die Entstehung der Textgrundlagen, circa 1600 bis circa 1745 (Gottscheds Theaterreform) als epochales Fenster für die Theaterpraxis der Frühen Neuzeit verbunden mit der Wanderbühne und ihren Praktiken - womit auch ein geographischer Rahmen angesprochen ist - und 1493 bis 1745 für die Entwicklung einer normierten, ökonomisch motivierten Druckkultur bzw. -konvention von Theatertexten. Methodisch vereint mein Projekt literaturwissenschaftliche Textanalyse (von Fastnachtspielen, Meistersingerdramen, Schauspielen der englischen Komödianten, Spieltexten der Wanderbühne, Jesuitendramen, protestantischen Schuldramen und Dramen des schlesischen Barocks; u.a. in Form der Kategorisierung von Regieanweisungen) mit theaterwissenschaftlicher Aufführungsanalyse und einem materiellen Zugang zu Bildmedien.

Kontakt: epramsc1[at]smail.uni-koeln.de
Mehr Informationen und aktuelle Projekte von Esther Pramschiefer finden Sie hier.

vergrößern:
Foto: Hermann und Clärchen Baus

Christina Vollmert
Szenen bürgerlicher Festkultur. Eine Medien-Kultur-Geschichte Frankfurts a.M. im Fin de Siècle  (Arbeitstitel)

Das Dissertationsprojekt analysiert ein umfangreiches Konvolut bislang unerforschter Archiv-Materialien (Fotos, Zeitungsartikel, Programmhefte, Postkarten, Eintrittskarten und andere Souvenirs) aus der TWS zur Frankfurter Festgeschichte im deutschen Kaiserreich. Dabei ist zum einen die Zeitspanne - das Ende des 19. Jahrhundert als eine Zeit des Aufbruchs in die Moderne und als Phase sozialer, kultureller und medialer Umbrüche - als auch die Stadt Frankfurt in ihrer Bedeutung als großstädtisches Zentrum und Erfahrungsort der Moderne Ausgangspunkt der Betrachtung. In drei Fallstudien wird das Material aus einer theaterwissenschaftlichen Perspektive analysiert:
(1) Historische Feste - Inszenierung historischer Wurzeln, (2) Somatische Feste - Inszenierung eines Gemeinschaftsgefühls, (3) Technologische Feste - Inszenierung von Technik als Spektakel. Der These von Peter W. Marx folgend, das 19. Jahrhundert als ein "theatralisches Zeitalter" (Marx, 2008) zu begreifen, zeigt sich an den jeweiligen Inszenierungsspraktiken wie (Inter-)Theatralität als Medium gesellschaftlicher Akzeptanz fungieren kann. Gerade die Wechselwirkung zwischen medien- und kulturgeschichtlicher sowie gesellschaftlichen Gegebenheiten sind dabei entscheidend, um die Frankfurter Festkultur in ihrer kommunikativen Charakteristik zu erfassen.

Kontakt: christina.vollmert[at]uni-koeln.de.

Abgeschlossene Promotionsprojekte

vergrößern:
Foto: Hermann und Clärchen Baus

Sascha Förster
Zeitgeist und die Szenen der Imagination (abgeschlossen)

Das Theater hat das Potential, uns Geschichte/n erinnern zu lassen, während wir uns auf besondere Weise der Gegenwart verbunden fühlen. Es sind diese Erfahrungen, die das Dissertationsprojekt Zeitgeist und die Szenen der Imagination über eine Neuverortung des Begriffs Zeitgeist zu analysieren sucht. Zeitgeist wird somit zu einem theaterhistorischen Werkzeug, das die Verdichtungen von Vergangenheit und Gegenwart im Theater beschreibbar macht. In zwei Fallstudien der Moderne wird Zeitgeist als Werkzeug zur Anwendung gebracht: Das National Theatre London inszeniert seinen brutalistischen Bau in Bezügen zu diversen Zeitschichten der britischen Hauptstadt, während es durch Renovierung und einer Vielzahl an Theatermedien, wie Leporellos, Homepages, Ausstellungen, Merchandising, für die Zukunft gewappnet wird. Die Szenografen der Weimarer Republik verhandeln die Geschichte gerade in der Suche nach dem radikalen Bruch mit der Vergangenheit, so dass neue Materialästhetiken auf alte Bildrepertoires treffen.

Kontakt: sascha.foerster[at]uni-koeln.de
Mehr Informationen und aktuelle Projekte von Sascha Förster finden Sie hier.

vergrößern:
© a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne / Foto: Patric Fouad

Sung Un Gang
The Opposite of Home. Modernization of Theatre and Allocation of Women in Colonial Korea (1902-1937) (abgeschlossen)

In my dissertation, I explore transformations of theatre and women's roles in Korea under Japanese rule between 1902 and 1937. This period is bookended by the opening of the first state-funded playhouse Soch'undae and the outbreak of the Second Sino-Japanese War. The appearance of Korean women as audiences, actresses, and after all, as the bearers of the modernity marked the groundbreaking change in Korean women's history. I argue that the discourse and practice of theatre modernization played a significant part in the questioning, refashioning, and invention of Korean women's roles constructed at the intersection of gender, class, and ethnicity. Adopting the method of discourse analysis, I investigate the process of negotiation among various interest groups – such as Government General, Korean nationalists, aspiring Korean middle class women, and the subaltern kisaeng women – around the normative Korean women's roles and spaces.

Kontakt: sungun.gang[at]gmail.com.
Mehr Informationen und aktuelle Projekte von Sung Un Gang finden Sie hier.

vergrößern:
Foto: Hermann und Clärchen Baus

Sabine Päsler
Geschichte und Geschichtsschreibung der Theaterregie (abgeschlossen)

Das Dissertationsprojekt setzt sich mit Diskursen der Theaterregie in historischer Perspektive auseinander. Zum einen wird dabei die Entwicklung und Etablierung der Regie im deutschsprachigen Theater des 19. und 20. Jahrhunderts erforscht und zum anderen wird die Aushandlung von sozio-politischen Fragen der jeweiligen Zeit mittels der Figur des Regisseurs bzw. der Regisseurin untersucht. Anhand von historischen Phänomenen und Artefakten werden Fallstudien zu fünf Diskursen der Regie erarbeitet:
1.        Regie und Institutionen
2.        Regie und Ausbildung
3.        Regie und Kunst
4.        Regie und Ökonomie
5.        Regie und Gender
Im Fokus des Forschungsinteresses stehen historische Konstellationen des Regieführens, die das Theater in seiner Funktion als sozio-politischen Aushandlungsraum erkennbar und begreifbar werden lassen.

Kontakt: sabine.paesler[at]uni-koeln.de.

vergrößern:
Foto: Hermann und Clärchen Baus

Nora Probst
Objekte, die die Welt bedeuten. Carl Niessen und der Denkraum der Theaterwissenschaft (abgeschlossen)

Köln ist einer der frühesten Wissenschaftsstandorte, an dem Theaterwissenschaft als Universitätsdisziplin betrieben worden ist. Um 1920 entwickelte der Kölner Theaterforscher Carl Niessen (1890-1969) eine Wissenschaftspraxis, die auf einem grundlegend erweiterten, auf performative Handlungen ausgerichteten Theaterbegriff aufbaute, der den Bogen von kultischen und rituellen Handlungen, Festen, Maskeraden, Puppenspiele und Tänzen von 'Ur-Völkern' hin zu den Phänomenen des europäischen Gegenwartstheaters spannte. Die zur gleichen Zeit gegründete Theatersammlung diente ihm als Ressource für seine interdisziplinäre Forschungsstrategie des Denkens mit und durch Objekte – ein Denken, das einerseits eine frühe Perspektive interkulturell, international und intermedial ausgerichteter Theaterwissenschaft dokumentiert und andererseits aber auch Zweifel an der inneren Verfasstheit dieses Ansatzes im Kontext von Kolonialismus, Völkerkunde und politischen Ideologien wecken muss. Die Dissertation ist im Metzler-Verlag erschienen.

Kontakt: nora.probst[at]uni-koeln.de
Mehr Informationen und aktuelle Projekte von Nora Probst finden Sie hier.

Caroline Wiese
Musiktheater im Legitimationsdiskurs. Strategien und Strukturen in Musiktheaterkritiken zwischen 1987 und 2007 (abgeschlossen)

Ein Blick auf die gegenwärtige Musiktheaterlandschaft im deutschsprachigen Raum eröffnet ein facettenreiches Bild: Auf den Spielplänen der Opernhäuser dominiert einerseits das traditionelle Opern- und Operettenrepertoire, andererseits ist dieses jedoch durchsetzt von unterschiedlichen Inszenierungsstilen und wird beispielsweise auch durch Uraufführungen abendfüllender Auftragswerke in großer Besetzung sowie Vorstellungen kleiner experimenteller Formen ergänzt.
Grundlage der Untersuchung bildet eine exemplarische Auswahl von Ereignissen des zeitgenössischen Musiktheaters, wobei das Korpus aus Texten zu Ur- bzw. Erstaufführungen sowie zugehörigen Wiederaufnahmen besteht; der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf einer wissenssoziologischen Analyse der Spezialdiskurse, welche um die jeweiligen Ereignisse konstruiert werden. Innerhalb der betrachteten Diskurse lassen sich deutliche Wissensformationen erkennen, die explizit als Legitimationsstrategien fungieren oder implizit als solche gedeutet werden können. Zu solchen Strategien gehören u.a. ästhetische Urteile zur musikalischen und szenisch-konzeptionellen Qualität einer Aufführung, der verfassungsrechtlich verankerte Freiheitsanspruch der Kunst, der sich zum Beispiel im Autonomiegedanken einer Regieleistung manifestiert, oder auch die Verknüpfung einer gesellschaftspolitischen Dimension mit dem Dargebotenen. Ziel der Arbeit ist es, Legitimationsstrategien freizulegen, die für einzelne Gattungen des Musiktheaters oder auch gattungsübergreifend wirksam werden und den zeitgenössischen Musiktheaterdiskurs bestimmen.

Kontakt: c.wiese[at]posteo.de.