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Critical Media History

Theater/Performance lassen sich nicht isoliert betrachten – so wenig wie sich ihre Geschichte als eine geschlossene, in sich homogene Entwicklungslinie beschreiben lässt. Vielmehr verwinden und verbinden sie sich mit anderen Formen medialer und ästhetischer Darstellung, ›leihen‹ sich Techniken, Dramaturgien, Stoffe und Verfahren. Genau in dieser Verbundenheit im Kontext der umfassenderen Medienkultur finden Theater/Performance ihren »Sitz im Leben«. Dieser ist jeweils historisch und kulturell spezifisch, er bestimmt die Möglichkeiten und Spielräume dieser ebenso wie Theater/Performance symptomatisch sind für die Gesellschaften, die sie hervorbringen.

 

Das Konzept der Critical Media History (Davis/Marx 2021) stellt diese dynamischen Gefüge in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und fragt konsequent nach den Formierungs- und Transformierungsprozessen von dem, was als Theater bzw. Performance betrachtet wird. Die so zu schreibende Geschichte ist keine Meistererzählung sich ablösender ›großer Werke‹, sondern eine Analyse kontingenter Konstellationen, bei denen im Prisma der medialen und ästhetischen Prozesse größere soziale und kulturelle Phänomene sichtbar werden.

 

 

In der Spannung zwischen Wahrnehmung (aisthesis), verstanden als kulturell geformter Form der Rezeption, Apparat bzw. Materialität und den eingeschriebenen Praktiken lassen sich diese Formierungsprozesse beschreiben – nicht als teleologische Linien oder als Entfaltung eines ›inneren Wesens‹ (»das Theater«, »der Film« etc.), sondern als Konstellation, in denen zeitliche Verschiebungen, Anachronismen, kulturelle Importe etc. beschreibbar werden.

Critical Media History versteht sich als kulturwissenschaftlicher Ansatz, der konstitutiv von einer Perspektive der »connected history« (Subrahmanyam) ausgeht: Die Frage, wie die Verbindungen und die Möglichkeit von Interaktion hergestellt werden, gehört zu den Leitkategorien dieses Modells.

 

Im Herbst 2023 erschien Early Modern Media Ecology (Cambridge UP), ein Langessay, in dem Peter W. Marx das Modell am Beispiel der Frühen Neuzeit ausführlicher diskutiert.

 

Literatur

Davis, Tracy C. 2021. "Setasidedness." In The Routledge Companion to Theatre and Performance Historiography., edited by Tracy C. Davis and Peter W. Marx, 118-140. London/New York: Routledge.

Davis, Tracy C., and Peter W. Marx. 2021. "On Critical Media History." In The Routledge Companion to Theatre and Performance Historiography., edited by Tracy C. Davis and Peter W. Marx, 1-39. London/New York: Routledge.

Johnson, Odai. 2021. "The Size of All that’s Missing." In The Routledge Companion to Theatre and Performance Historiography., edited by Tracy C. Davis and Peter W. Marx, 43-64. London/New York: Routledge.

Marx, Peter W. 2021. "‚Turtles all the way down.‘ Zu methodischen Fragen der Theaterhistoriographie." Forum Modernes Theater 32 (2):5-22.

Marx, Peter W. 2021. "On Circulation and Recycling." In The Routledge Companion to Theatre and Performance Historiography., edited by Tracy C. Davis and Peter W. Marx, 327-347. London/New York: Routledge.

Subrahmanyam, Sanjay. 1997. "Connected Histories: Notes towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia." Modern Asian Studies 31 (3):735-762.

Subrahmanyam, Sanjay. 2019. Empires between Islam & Christianity, 1500-1800. Albany: State University of New York.

Early Modern Media Ecology