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Neuerscheinung: Krise und Reform als bürgerliches Projekt.

Institutioneller Wandel der Hoftheater (1780-1880)

Die Krise und Reform des Theaters wird nicht erst seit den 2000er Jahren kontrovers diskutiert – bereits im 19. Jahrhundert beherrschten Narrative und Aushandlungen um dessen krisenhaften und reformbedürftigen Zustand Diskurse, Ordnungen und Praktiken des Theaters. Die Studie geht der Frage nach, inwiefern das bürgerliche Projekt der Theaterreform nicht zugleich den Krisenmodus des Theaters selbst hervorgebracht hat. Detaillierte Analysen von Theaterreformschriften, Krisenszenarien der Theatergesetzgebung und Reformvorhaben der Regie-, Dramaturgie- und Probenpraxis zeichnen erstmals den institutionellen Wandel der Hoftheater mit einem Fokus auf Karlsruhe zwischen 1780 und 1880 nach.

 

Unsere studentische Mitarbeiterin hat nicht nur uns mit ihrer Bachelorarbeit begeistert

Die TWS gratuliert zum Fakultätpreis

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 „Ostpolzug“ (1926) von Arnolt Bronnen - Emma Gebbeken

Unter dem Titel „Die deutschen Theaterbühnen im politischen Spannungsfeld der Weimarer Republik am Beispiel von Arnolt Bronnens Ostpolzug (1926)“ habe ich im Zuge meiner Bachelorarbeit mit den Materialien der Theaterwissenschaftlichen Sammlung gearbeitet. Im Gegensatz zu seinem berühmten Mitbewohner Bert Brecht, der eine klare politische Haltung schon in der Weimarer Republik einnahm, irrlichterte Bronnen in seiner Sehnsucht nach Revolution und Männlichkeit zwischen dem linken Intellektuellenkreis der 1910er und -20er Jahre, der Propagandamaschinerie Goebbels‘ und der KPD gegen Ende des Zweiten Weltkrieges umher – ein Grund, weshalb dem Theaterautor und -Regisseur in der Retrospektive nicht selten ein ausgereifter Opportunismus vorgeworfen wird. 
Das Einpersonenstück Ostpolzug von Arnolt Bronnen wurde am 29.01.1926 im Staatlichen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin uraufgeführt. Die Regie führte Leopold Jeßner, während Robert Herlth und Walter Röhrig für die Bühnengestaltung verantwortlich waren. Fritz Kortner übernahm die Doppelrolle des Alexanders.
In neun Szenen erzählt Ostpolzug abwechselnd die Reise eines antiken Alexanders – angelehnt an die Person Alexander der Große – und eines modernen Alexanders, einem „kleine[n], unbekannte[n] Forscher von heute“ (Bronnen, Arnolt Bronnen gibt zu Protokoll 1954, S. 145).
Mithilfe der Kritiken der TWS zu Ostpolzug konnte ich die Rezeption der Uraufführung nachvollziehen. So erklärte beispielsweise Julius Bab Arnolt Bronnen zum „ausgesprochene[n] Theatertalent“. An anderer Stelle wurde wiederum nur Fritz Kortner gelobt, der sich als Einziger an solch ein „exzentrisches Werk“ wagen und die „Banalität der Dichtung“ überspielen könne.
Die Fotografien zur Uraufführung in der TWS lieferten zudem wichtige Anhaltspunkte zur Inszenierung. Sie zeigten eine Kostümausstattung im zeitgenössischen Stil, wobei Fritz Kortner in Fliegermontur mit Fliegermütze und Lederanzug zu sehen ist. Diese Ausstattung legte nahe, dass im Fokus dieser Aufführung vor allem der moderne Alexander stand und nicht der antike Alexander der Große und verdeutlicht die Überwindung des modernen Alexanders über die bestehenden gesellschaftlichen Systeme als auch über die antike Figur. Damit reihte sich die Uraufführung Ostpolzugs als auch das künstlerisch Œuvre Bronnens in zeitgenössische Diskurse der Weimarer Republik ein, die in expressionistischen Dramen in Themen wie ‚jugendliche Revolution‘, ‚Maskulinität und Gewalt‘ sowie ‚Heroismus‘ Anklang fanden.

Bildmaterial:

Anonym (markiert als M. G.). „Schauspielhaus.“, 1926. Dem Konvolut zur Inszenierung Ostpolzug (1926, R: Jeßner) aus dem Kritikenarchiv der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln entnommene Kritik.

Bab, Julius. „‘Ostpolzug“. Bronnen im Staatstheater“, n.d. Dem Konvolut zur Inszenierung Ostpolzug (1926, R: Jeßner) aus dem Kritikenarchiv der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln entnommene Kritik.

Tagung: »Die Geschichte der Bilder in den Blick nehmen«, 28.-30. April 2024

In Gedenken an Werner Nekes, der am 29. April 2024 80 Jahre alt geworden wäre, veranstaltet die TWS vom 28. bis 30. April 2024 in Zusammenarbeit mit ihren Partnern, dem DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt am Main, und dem Filmmuseum Potsdam der Filmuniversität Babelsberg eine Tagung mit umfangreichem Begleitprogramm. Weitere Einzelheiten folgen in Kürze hier
 

 

Norbert Kentrup (2. Mai 1949 – 8. Dezember 2023), ein Nachruf

Anfang Dezember verstarb Norbert Kentrup im Alter von 74 Jahren in Berlin. Er war der Theaterwissenschaftlichen Sammlung seit langen Jahren freundschaftlich verbunden: Sei es durch die »Party for Will« (2014), sei es durch die konzertante Aufführung von Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik im Hof von Schloß Wahn durch das Collegium Musicum. Gemeinsam mit Dagmar Papula ließ er im Spiel die verschiedenen Figuren Shakespeares aufblitzen.
Norbert Kentrup begann seine Schauspielkarriere in Bremen und Frankfurt/Main. Ende der 1970er Jahre wandte er sich der Gründung freier Theater zu – programmatisch nach neuen Wegen der Kunst und des gemeinsamen Arbeit suchend. »Freies Theater« bedeutete für ihn nicht einfach nur eine Organisationsform, sondern eine innere Haltung und gleichzeitig gelebte Utopie.
Mit der bremer shakespeare company (1984-2001) und SHAKESPEARE UND PARTNER (ab 2001) erarbeitete er ein neues Profil der Shakespeare-Rezeption. Dabei betonte er nicht allein den spielerischen Charakter der Stücke – etwa durch Mehrfachbesetzungen –, sondern auch ein demokratischeres Verständnis, das im Konzept des »shared light« seinen deutlichsten Ausdruck fand. Spieler:innen und Publikum sollten den theatralen Moment miteinander teilen – wörtlich und metaphorisch sich auf Augenhöhe begegnen. 1997 spielte er auf ausdrücklichen Wunsch von Sam Wannamaker, dem Initiator des neu errichteten GLOBE-Theaters in London, ebendort den Shylock im Merchant of Venice.
Norbert Kentrup war ein leidenschaftlicher Schauspieler und Theatermacher, der in der Lust am Spiel und Probieren einen Weg suchte und gefunden hatte, dem ICH und der Welt näher zu kommen, wie er in seiner Autobiographie Der süße Geschmack von Freiheit (2018) schreibt. Wir sind sehr traurig und halten sein Andenken in Ehren.

Der Kalender der TWS für das Jahr 2024

Der neue Jahreskalender 2024 der Theaterwissenschaftlichen Sammlung lädt wieder zu einer Erkundungsreise durch die Bestände und Projekte unseres Hauses ein. Im Zentrum stehen dieses Mal vor allem Artefakte, in denen sich einige Jubiläen des kommenden Jahres spiegeln: Ein Altersporträt der »Duse« erinnert an ihren 100. Todestag, der 100. Geburtstag Giacomo Puccini wird mit den Ambivalenzen der »Madame Butterfly« als europäischer Phantasie von Japan in verschiedenen Inszenierungen gezeigt. Den 80. Geburtstag des zu früh verstorbenen Filmregisseurs Werner Nekes, dessen Sammlung die TWS beherbergt, feiert farbenfroh ein Durchlichtbild aus einer durch ihn überlieferten Spielzeugkiste. Die Geburtsstunde des Radios im Deutschen Reich und dessen Echoräume auf nationalen und internationalen Bühnen zeigen Figurinen ebenso wie Bühnenbildmodelle der TWS. Der Jahresreigen endet mit historischen Variationen zu Johann Strauß‘ »Die Fledermaus«, die vor 150 Jahren uraufgeführt wurde. In der Vielfalt der gezeigten Objekte wird die Bandbreite der Sammlungen der TWS sichtbar.

Die Abbildungen auf der Vorderseite werden durch Texte der TWS-Mitarbeiter:innen und Bilder auf der Rückseite ergänzt, die Sie auf die Erkundungsreise durch die Sammlung, ihre Arbeit und Geschichten der Theater- und Mediengeschichte mitnehmen werden.

Der Kalender, Format ca.DIN A4, kostet 15 Euro inkl. Versand und kann per Mail unter dem Stichwort „Gesellschaft für Theatergeschichte“ in unserem Sekretariat bestellt werden. Für Studierende und Mitglieder des Vereins der Freunde und Förderer der TWS gibt es weitere Preisnachlässe auf Anfrage.

 

Erkundung von Theaterräumen

Foto: Tobias Pöller, TWS

Gleich nach dem Ende der Vorlesungszeit haben wir die warmen und trockenen Sommertage genutzt, um unsere schöne Sammlung von Bühnenbildmodellen neu zu verzeichnen und abzulichten. Die Modelle ermöglichen mit ihren unterschiedlichen Materialien und spannenden Details einen sehr besonderen, sinnlichen Zugang zu Raumkonzeptionen der Theatergeschichte, der – durch vielfältige Archivalien der TWS ergänzt – zu Forschungsarbeiten einlädt. Zugleich behaupten die Modelle ihren Eigensinn und erinnern daran, dass Inszenierungen Gemeinschaftsarbeiten sind. Wir freuen uns, eine erste kleine Auswahl der in der TWS versammelten Bühnenbildmodelle zu präsentieren!

Eine länderübergreifende Initiative zum Erhalt der einzigartigen Sammlung Werner Nekes in Deutschland

Sammlung Werner Nekes / Miteigentümer UzK/DFF/FMP

Die Sammlung Werner Nekes mit rund 25.000 Objekten zur Geschichte der visuellen Künste und des Sehens ist eine der weltweit größten Sammlungen ihrer Art. Sie ist in ihrer Vielfalt und Breite so einzigartig wie herausragend. Dabei dokumentiert sie nicht nur die visuelle Kultur seit der frühen Neuzeit, sondern befasst sich auch mit frühen Formen des visuellen Geschichtenerzählens aus einer globalen Perspektive und mit Objekten aus zahlreichen Kontinenten. Es ist ein großer Erfolg, dass diese Sammlung dank der gemeinsamen Anstrengungen von drei Institutionen und acht großzügigen Förderern für Deutschland gerettet und erhalten werden konnte. Die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln, das DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt am Main, und das Filmmuseum Potsdam, als In-Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, haben die Sammlung im Sommer gemeinsam angekauft. Ziel ist es, sie gemeinsam zu erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Für Presseanfragen schreiben Sie uns eine Mail. Die vollständige Pressemitteilung steht Ihnen ab sofort als Download zur Verfügung.

Aktuelle Projekte

Archiv

100 Jahre Theaterwissenschaftliche Sammlung

Das Jubiläum 2019
Die TWS hat im November und Dezember 2019 ihren 100jährigen Geburtstag mit einer umfangreichen Jubiläumsausstellung, einem bunten Rahmenprogramm sowie einer reich bebilderten Publikation gefeiert. In verschiedenen Podiumsgesprächen, Papiertheater- und Schattenspielaufführungen sowie anhand der virtuellen Begehung von 3D-Modellen gab es an zwei Tagen der offenen Tür die Möglichkeit, die Sammlung, ihre Bestände und das Team der TWS kennenzulernen. Wir bedanken uns bei Allen, die mit uns gefeiert haben! Sollten Sie das Jubiläum verpasst haben, können Sie die Highlights der Veranstaltungen hier nachlesen.

Die Jubiläumspublikation der TWS ist ab sofort hier im Handel erhältlich.