Neuerscheinungen
Ulrich Hoffmann: Ein Wiener Fächer : Fächer der Wiener Bühnen 1895
Manchmal entfaltet sich der breite historische Horizont erst auf den zweiten oder dritten Blick: Im Zentrum der vorliegenden Publikation steht ein Theaterfächer aus dem Wien des späten neunzehnten Jahrhunderts. Was sich dem flüchtigen Auge vielleicht wie ein nützliches Accessoire der bürgerlichen Damen des neunzehnten Jahrhunderts darstellt, offenbart sich dem zweiten und dritten Blick als ein faszinierendes Dokument zwischen Fankultur und bildungsbürgerlicher Attitüde.
Es ist gleichermaßen der Sammelleidenschaft und dem kulturhistorischen Spürsinn Ulrich Hoffmanns zu verdanken, dass mit der vorliegenden Publikation die theaterhistorische Dimension des Fächerkults wieder lesbar wird.
Hoffmann hat nicht nur eine Fülle von Fächern gesammelt – er hat auch die entsprechenden Verweise aufgeschlüsselt, parallele Quellen und Dokumente gesucht und so die Fächer zum Sprechen gebracht. Hierbei wird deutlich, wie sehr gerade im Wiener Kontext die Fächer und ihre Botschaften eine kulturpolitische Dimension aufwiesen: Sie artikulierten nicht nur die Bewunderung für Autoren und Komponisten oder Schauspielerinnen und Schauspieler, sondern unterstrichen darüber hinaus vor allem den Anspruch Wiens, die deutschsprachige Theaterhauptstadt zu sein.
Wie dicht das mit den Fächern verknüpfte Wissen ist, kann eingängig auch die eigens erstellte Webseite (DOI: 10.60820/wfaecher) vorführen, welche Lena Grüner im Rahmen einer Lehrveranstaltung von Enes Türkoğlu, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Theaterwissenschaftlichen Sammlung, erarbeitet hat. Ihre Beschäftigung mit einer Datenmodellierung der von Ulrich Hoffmann zusammengetragenen Informationen und deren Präsentation macht deutlich, dass die Theaterwissenschaft ein fruchtbares Experimentierfeld für Forschungsmethoden der Digital Humanities ist. Gleichzeitig erlaubt diese anregende Anwendung es, auf kurzweilige Weise die dem Fächer eingeschriebene Geschichte bildhaft nachzuvollziehen.
Das Buch ist auf der digitalen Veröffentlichungsplattform ART-Dok von arthistoricum.net erschienen.
Sabine Päsler-Ehlen: Krise und Reform als bürgerliches Projekt Institutioneller Wandel der Hoftheater (1780-1880) (Metzler: Stuttgart 2024).
Die Krise und Reform des Theaters wird nicht erst seit den 2000er Jahren kontrovers diskutiert – bereits im 19. Jahrhundert beherrschten Narrative und Aushandlungen um dessen krisenhaften und reformbedürftigen Zustand Diskurse, Ordnungen und Praktiken des Theaters. Die Studie geht der Frage nach, inwiefern das bürgerliche Projekt der Theaterreform nicht zugleich den Krisenmodus des Theaters selbst hervorgebracht hat. Detaillierte Analysen von Theaterreformschriften, Krisenszenarien der Theatergesetzgebung und Reformvorhaben der Regie-, Dramaturgie- und Probenpraxis zeichnen erstmals den institutionellen Wandel der Hoftheater mit einem Fokus auf Karlsruhe zwischen 1780 und 1880 nach.
Die Studie ist in der Reihe Szene und Horizont im Metzler Verlag erschienen.
Susan McClements Wyss: Classic-ing on the Australian mainstream stage. The place and phenomenon of classic in Australian mainstream theatre 1995-2016 (Metzler: Heidelberg 2024).
This book evaluates classic drama as an active creation. To classic is a complex theatrical practice that animates program choice, casting and staging, audience reception and critical response. Analysis of six distinct examples of pre-determined and self-nominated classic productions on the Australian mainstage is informed by postcolonial theory, specifically the settler dilemma of Indigenous cultural authority. What happens to the political edge of postcolonial aspiration within the status of classic? Close consideration of staging and casting, theatre historical perspectives, and interviews with key artists, expands the concept of classic as a dimension of theatrical and not only of dramatic reception. This book responds to a polarised debate that focused on auteur directors and the relative value of new vs classic plays. Rather than adopting a position, the study undertakes a deeper assessment of the phenomenon and place of the dramatic classic in Australian mainstream theatre.
Die Studie ist in der Reihe Szene und Horizont im Metzler Verlag erschienen.
Peter W. Marx: Early Modern Media Ecology (Cambridge University Press: Cambridge 2024).
The early modern world was as enigmatic as it was dynamic. New epistemologies and technologies, open controversies about the world and afterworld, encounters with various cultures, and numerous forms of entertainment wetted the appetite for ever-new sensational experiences, an emerging visual language, and different social constellations. Thaumaturgy, the art of making wonder, was the historical term under which many of these forms were subsumed: encompassing everything from magic lanterns to puppets to fireworks, and deliberately mingling the spheres of commercial entertainment, art, and religion. But thaumaturgy was not just an idle pastime but a vital field of cultural and intercultural negotiation. This Element introduces this field and suggests a new form of historiography-media ecology-which focuses on connections, formations, and transformations and takes a global perspective.
This Publication is free online from 23rd January 2024 - 6th February 2024!
Nora Probst: Objekte, die die Welt bedeuten. Carl Niessen und der Denkraum der Theaterwissenschaft (Metzler: Heidelberg 2022).
Die Arbeit widmet sich den Wissenschaftspraktiken des Kölner Institutsgründers Carl Niessen (1890–1969), der das Fach als Forscher, Dozent, Sammler und Kurator über einen Zeitraum von rund 40 Jahren geprägt hat. Besonderes Augenmerk legt diese erste wissenschaftsgeschichtliche Monografie über Niessen auf dessen erweitertes Theaterverständnis, das den Bogen von rituellen Handlungen und cultural performances bis hin zu den Phänomenen des europäischen Gegenwartstheaters spannte. Ausgangspunkt der Studie ist das Gebäude des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Theatermuseums am Salierring in Köln. Durch das virtuelle Abschreiten der Museumsräume werden die durch Niessen initiierten Praktiken der frühen Theaterforschung und -lehre kartografiert und vor dem Hintergrund der Fachentwicklung analysiert.
Die Studie ist in der Reihe Szene und Horizont im Metzler Verlag erschienen.
The Routledge Companion to Theatre and Performance Historiography, Routledge: London 2020.
herausgegeben von Tracy C. Davis und Peter W. Marx mit Beiträgen von Sharon Aronson-Lehavi, Michael Bachmann, Christopher Balme, Leo Cabranes-Grant, Vicki Ann Cremona, Pavel Drábek, Bishnupria Dutt, Jean Graham-Jones, Stefan Hulfeld, Edith Jaffe-Berg, Odai Johnson, Natasha Korda, Siyuan Liu, Ellen Mackay, Mahmoud Mejri, Noémy Ndiaye, Rashna Darius Nicholson, Stephanie Nohelani Teves, Elisabeth W. Son, Enzo E. Vasquez Toral, Matthias Warstat und Margaret Werry.
Dokumente, Pläne, Traumreste. 100 Jahre Theaterwissenschaftliche Sammlung. Alexander Verlag Berlin: Berlin 2019.
herausgegeben von Peter W. Marx, mit Beiträgen von Sascha Förster, Gerald Köhler, Peter W. Marx, Hedwig Müller, Sabine Päsler, Esther Pramschiefer, Nora Probst, Kerstin Stremmel, T. Sofie Taubert, Enes Türkoglu, Christina Vollmert und Dorothea Volz.
Machtspiele. Politisches Theater seit 1919. Alexander Verlag Berlin: Berlin 2019.
von Peter W. Marx.