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Thaumaturgia

Das Staunen und (Be-)Wundern stand hoch im Kurs in den Umbruchszeiten der Frühen Neuzeit: Während die Gewissheiten von Religionen wankten, führten technische Innovationen zu einer Revolution in den Wissenschaften und die intensiveren Kontakte mit Asien, Afrika und den Amerikas forderten das Weltbild zusätzlich heraus. In der Spannung dieser vielfältigen und oftmals wider­sprüchlichen Bewegungen öffnete sich das Reich des Wunder(n)s – als Gegenentwurf zu ein­deutigen Antworten.

Das weite Feld des Unbekannten, das gleichermaßen Sehnsucht wie Ängste beförderte, hatte in der Nomenklatur der Zeit einen eigenen Namen: Thaumaturgia – die Kunst, Wunder zu machen. Dieser weite Begriff umfasste Medien und Künste, Performances aller Art, denen gemeinsam war, dass sie das unmittelbare Verstehen überstiegen. So bewegte sich die Thaumaturgia zwischen Hexerei und Kunst, Handwerk und dunkler Magie. Verdächtigt und beäugt, bewundert und begierig gesucht.

Guckkästen und Zauberlaternen, Spiegelkünste und Schattenspiele, Automata und Puppenspiele sind Bausteine dieses Feldes ebenso wie Anamorphosen (Zerrbilder) und die prächtigen Feuerwerke, die als ein genuin globales Phänomen überall auf der Welt zu finden waren.

Die Thaumaturgia war eine migrantische Kunst, die zwischen den Kulturen und Gesellschaften zirkulierte: Mal durch die Netzwerke religiöser Insti­tutio­nen wie der Societas Iesu (Jesuiten) mit ihren Schulen und Missionsstationen, mal durch Händler:innen, Kanoniere, Wissenschaftler, mal auf dem Rücken der Savoyarden, der fahrenden Künstler:innen, die gleichermaßen in den Schenken, auf den Märkten wie in den Höfen ihre Waren und Künste feilboten. Durch sie entstanden jene Schnittmengen, die die Voraussetzung für eine verknüpfte Geschichte (»connected history«) bilden, wie Sanja Subrahmanyam festgestellt hat.